
Friede Merz
Friede Merz singt und schreibt Songs. Nun gibt es unzählige Menschen auf diesem Planeten, die sich mit Fug und Recht Singer/Songwriter nennen können. Aber die junge Weltenbummlerin mit vorübergehendem Lebensmittelpunkt in Hamburg ist viel mehr als das, was wir landläufig eine Singer/Songwriterin nennen. In ihren Songs outet sie sich als extrem feinsinnige Seismographin für die Beschaffenheit dieser Welt und als kühne Träumerin möglicher anderer Welten. Ihre Songs sind Zustandsbeschreibungen – präzise beobachtet, sensibel transformiert, treffsicher auf den Punkt gebracht und doch stets ein Stückweit über den Ist-Zustand hinaus greifend.
Ihre Stimme, ihre Texte, ihr Spiel auf der Gitarre, ihr Klangkosmos – nichts ist unwiderruflich zu verorten. Wo immer sie ist, wird sie eins mit ihrer Umgebung, saugt sich voll mit ihren Wahrnehmungen, um sie an anderer Stelle auf ihre ureigene Weise in eine neue, unerhörte Einheit von Sinn und Form zu übersetzen, so verführerisch und unverfälscht wie ein urbanes Märchen aus der tausendundfünften Nacht. Berlin, Hamburg, London, Paris, Shanghai, New York und der Rest der Welt – Friede Merz ist immer an zwei oder mehr Orten gleichzeitig. Im Blickwinkel hat sie die Begebenheiten, die von den anderen übersehen werden. Und wo die Wirklichkeit nicht ausreicht, erfindet sie eine neue Realität. Aber selbst das reicht ihr auf lange Sicht nicht aus. Wenn sie zum Beispiel über den Londoner Stadtteil Soho singt, dann vereint sie einen topografisch genau definierten Ort mit dem allgemeinen Klischee und ihrer persönlichen Projektion. Drei Wirklichkeiten, die sich überlagern und poetisch gebrochen zu einem Song werden, wie man ihn nur von Friede Merz bekommt.
Aus ihrer Vorliebe zu dem amerikanischen Songwriter Elliott Smith macht Friede Merz keinen Hehl. Nicht, dass sie ihn zu kopieren oder sich ihm auch nur anzunähern versuchen würde. Aber ihre Haltung ist eine ganz ähnliche wie die des 2003 verstorbenen Radikal-Poeten. Sie will stets ein bisschen mehr als Alles. Aus jeder ihrer Zeilen springt eine unvergleichliche Intensität der menschlichen Empfindsamkeit, ein Stärke in der Verletzlichkeit und der unbeugsame Wille, ihre Sicht auf die Dinge mit so vielen Menschen wie möglich zu teilen. Sie macht es sich nicht leicht, um es ihrem Hörer und ihrem Publikum umso leichter zu machen. Sie hat alles mitgenommen, was ihr Jazz, Pop und Klassik geben konnten, um immer in den Dienst des einen Liedes zu stellen, um das es gerade geht. Am Ende sind ihre Songs hermetische Welten in den Grenzen von rationaler Schärfe und surrealer Unschärfe, auf die man gar nicht anders kann, als sich mit allen Sinnen einzulassen.
Wolf Kampmann
Videos
Tourdaten
08.12.17 Prachtwerk Berlin
19.01. Support für Callum Beattie im Austerclub, Berlin
02.02.18 Grüner Jäger, Hamburg
16.03.18 Bambi Galore, Hamburg (nur kleines 20-min Feature während einer Drag Party :-D)
20.04.18 Birdland, Hamburg als Support für Havington