Bands

Frittenbude

Frittenbude haben schon immer lieber geschwitzt anstatt zu schlafen. In neun Jahren haben Johannes Rögner, Jakob Häglsperger und Martin Steer noch jeden versifften Jugendzentrumfußboden mit dem Shirt aufgewischt. Frittenbude haben aber ebenfalls schon immer lieber Statements abgeliefert statt zu schweigen. Die drei Exil-Bajuwaren haben den gesamtdeutschen Alltagsabfuck mit klarobskuren Worten umzingelt anstatt den Zeigefinger zu strecken. Drei Alben lang ging das gut. Nachtigall kam 2008, Katzengold 2010, Delfinarium 2012 und dann nichts mehr, oder zumindest sehr wenig. Sie brauchten Urlaub vom Feiern, das heißt: Urlaub in Bayern, wo sie schon lange nicht mehr leben (wollen, können, sollen). Es war Zeit, sich neu aufzustellen. Rave ist schließlich kein Hobby. Wenn die Passion erst zur Profession geworden ist, muss Bewegung her.

Es ging weiter in den drei Jahren, die zwischen Delfinarium und dem neuen Album Küken des Orion verstrichen sind. Für jeden anders, für alle gemeinsam. Häglsperger hat für Marcus Wiebusch und Fuck Art, Let’s Dance! produziert und debütierte letztes Jahr als Kalipo auf ANTIME, dem vom Netlabel zum Netzwerk angewachsenen Label Martin Steers, der nebenbei solo an einem Album mit experimentellem Techno und einer neuen Platte seiner Band pandoras.box arbeitete. Johannes Rögner pushte derweil über Anette Records frische Cuts wie andere verschnittenes Gras und nahm mit Kevin Hamann alias ClickClickDecker unter dem Namen Lama L.A. eine LP auf. Für ihre umjubelten Konzerte haben Frittenbude darüber selten zusammengefunden, im Studio aber schlugen Inspiration und Innovation friedfertig Funken.

In der Musikwelt gilt: Wenn die Zeitspannen länger werden, steigt die Spannung an, stellen sich Fragen. Was heißt das, wenn Frittenbude nach drei Jahren ambitionierter und kompromissloser zurückkommen? Heißen wird es zumindest: Frittenbude seien jetzt erwachsen geworden, würden Diskursrock machen. Denn sie hängen mittlerweile mit Dirk von Lowtzow von Tocotronic ab, paffen womöglich Selbstgedrehte und palavern über die Übel des Neoliberalismus. Oder: Frittenbude wären zum stadiongroßen Prog Rock-Act mutiert. Mit Kinderchor, riesigem Analog-Fuhrpark, Live-Drummer und Keyboarder auf der Bühne. Mit zig impliziten Querverweisen, verkapptem Wir Sind Helden-Cover und einem avancierteren Sounddesign als je zuvor. Das stimmt schon ein bisschen, aber eigentlich so gar nicht. Es ist nichts, wie es aussieht. Frittenbude sind die Alten geblieben, offen und unbeirrt.

mehr anzeigen

Videos