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Graf Fidi

Der erste Kontakt von Graf Fidi mit Rap? Das weiß der 34-jährige Berliner noch ganz genau. »Das Album ›Hell On Earth‹ von Mobb Deep«, sagt Graf Fidi, der eigentlich Hans-Friedrich Baum heißt. »Ein guter Freund hat mir die CD vorbeigebracht und ich wusste ›Das ist es!‹« Als Graf Fidi wenig später das erste Mal »Lauschgift« von Die Fantastischen Vier hört und merkt, dass man auch auf Deutsch Reime schreiben kann, ist es um den Berliner geschehen.

In der Schule hält er ein Referat über HipHop und rappt vor der gesamten Klasse den Text des Fanta-4-Klassikers »Sie ist weg«. »Mir hat die Mischung aus Anspannung, Aufregung und dem anschließenden Applaus total gut gefallen«, erinnert sich Graf Fidi, der fortan nach Schulschluss im Park sitzt und auf einem kleinen Taschencomputer zum Zeitvertreib die ersten eigenen Texte tippt.

2003 verschlägt es Graf Fidi eher zufällig in den Club SO36 in Berlin-Kreuzberg, wo er bei einem Beatbox-Battle das erste Mal vor dem Publikum ein paar spontane Freestyle-Raps zum Besten gibt. Nach dem Auftritt lernt er eine Rap-Crew aus Cottbus kennen, der er von da an regelmäßige Besuche abstattet. »Wir haben den ganzen Tag an Beats und Tracks gearbeitet und sind am Abend auf Jams gegangen, wo gerappt, getanzt und gemalt wurde«, erinnert sich Graf Fidi.
Angefixt vom Aktivismus der Cottbusser HipHop-Szene beschließt Graf Fidi, noch im gleichen Jahr sein erstes eigenes Album »Aller Anfang ist schwer« zu veröffentlichen, auf das 2004 »Alle Jahre wieder« folgt. »Auch wenn wir die Alben nur in kleiner Stückzahl und ohne Vertrieb veröffentlicht haben, waren sie natürlich unglaublich wichtig«, blickt Graf Fidi zurück. »Mit jeder Veröffentlichung habe ich nicht nur dazugelernt, sondern auch immer mehr gemerkt, wie ernst ich das mit der Musik wirklich meine.«
2008 nimmt Graf Fidi etwas Geld in die Hand und baut sein Wohnzimmer zu einem professionellen Studio um, in dem er anschließend sein drittes Album »Grafische Darstellung« aufnimmt. Aber der große Erfolg bleibt weiter aus. Graf Fidi veröffentlicht im Anschluss ein Album mit seiner Crew Musterschüler und nimmt 2013 das erste Mal am Video-Battle-Turnier VBT teil. Wenngleich Graf Fidi heute nicht mehr als Battle-Rapper wahrgenommen werden möchte, sieht er die Teilnahme an dem Turnier als wichtige Entwicklungsstufe an.

»Ich habe gelernt, mich unter Zeitdruck auf den Rap-Gegner einzustellen«, blickt Graf Fidi zurück. Etwas, das dem studierten Sozialarbeiter, wenn auch in etwas anderer Form, bei seiner täglichen Arbeit mit Jugendlichen und Podiumsdiskussionen zum Thema Inklusion immer wieder hilft. Dabei weiß Graf Fidi ganz genau, wovon er spricht. Er sitzt im Rollstuhl und anstelle der rechten Hand hat er nur einen Finger.

»Viele der Kids haben noch nie jemanden mit sechs Fingern oder jemanden, der im Rollstuhl sitzt gesehen«, erklärt Graf Fidi.»Kinder sind ja sehr direkt und sehr offen. Oft fragen sie dann, warum das bei mir so ist. Danach wird das abgehakt und damit ist das Thema Behinderung dann erst mal erledigt. Wenn sie dann das nächste Mal auf einen behinderten Menschen treffen und nicht mehr ganz so befangen sind, habe ich meinen Job gut gemacht«, findet Graf Fidi.

Dabei wird Graf Fidi nicht nur als Sprecher und Diskutant zum Thema Inklusion, Barrierefreiheit und Behinderung eingeladen, sondern nimmt sich dem Thema auch auf seinem kommenden Album an – und hat natürlich schon im augenzwinkernden Titeltrack »Ich mach das mit links« Antworten auf nervige Fragen danach, wie er sich eigentlich die Hände wäscht oder Plätzchen knetet. Sein spielerischer und humorvoller Umgang mit der eigenen Behinderung scheint immer wieder in den Tracks durch.

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