Gigolo Tears veröffentlich EP “Crybaby”

Gigolo Tears - EP - Crybaby - Cover - 2023 - s‘läuft! Radio-Promotion

Eine Flatrate für Feelings

Einen Soundtrack für Momente, wenn man glücklich im Freibad vom Zehner springt, übermüdet im Schulbus auf der Rückbank heimfährt oder einen Liebeskummer-Heulanfall mit Chips und Schokolade unterbricht: Gigolo Tears liefert sie alle – und zwar auf der EP „Crybaby“.
Die neue EP von Gigolo Tears ist Heul-Pop par Excellence ohne Genregrenzen, der dein Herz touched, sich neben- bei RnB-Einflüsse schnappt und Hyperpop mit Indiegitarren an die Hand nimmt. Nebenbei macht Chris Schalko dann auch noch nonchalant ein paar politische Ansagen und reicht dir ein Taschentuch. Emotions, Empowerment und Marimbas knallen aufeinander und verschmelzen zu zu einer Melange zum Heulen schön.

Egal, ob man gerade ein paar Tränen vergießt, während auf dem Heimweg vom Club die Vögel anfangen zu zwitschern, oder man mit der Wärmflasche und Ibus im Bett die Menstruationsschmerzen wegballert: „Crybaby“ kommt mit dem Cabriolet aus Beats und fluffigen Gitarren vorbeigefahren, und sammelt einen dort ein, wo es gerade brennt. Das Spektakuläre: unter den queerfeministischen Approach mischen sich neben Schalkos zarter Stimme auch mackerhafte Gitarrensoli, die man in diesem Kontext kaum erwarten würde, einem aber nichts weniger als Boss Attitude servieren. Gigolo Tears ist Heul-Pop, der nicht nur als kuschelige Emotionsbegleitung funktioniert, sondern gleichzeitig zum Feiern einlädt – je nachdem, wie grad die Gefühlslage ist. So werden die Stücke der EP, je nach Verfassung zur hotten Sommerbrise, die dir Tropical Vibes in den Alltag pustet oder zur wärmenden Heizdecke, die dich umarmt.

Emotionalität wird in diesem Kosmos kurzerhand zur Superpower: Softness wird zelebriert, die Komplexität von Feelings in empowernde Botschaften verwandelt, Fragilität als Stärke in den Vordergrund gerückt. Hier muss keine Emotion verdrängt werden, nein, hier kann man sich in seine Gefühlswelt hineinlegen wie in sein Lieblingsschaumbad.

Beim Hören des Titeltracks kann man erahnen, wie es klingen würde, wenn Falco ein jüngeres Geschwisterchen hätte. Exaltiert singt Schalko in dem Stück von den emotionalen Minuten, wenn die Periode ausbleibt, man auf den Schwangerschaftstest gepisst hat und auf das Ergebnis wartet, während PMS kickt und alle Gefühle mit einem durchgehen. „Willkommen im Crybaby Club“ heißt es da. Und man freut sich regelrecht mit, wenn es so weiter- geht: „Ist da Blut in meinen Underpants, ja? Fuck my Life, doch Gott sei Dank bin ich nicht schwanger!“
„Surf meine Feelings“ wartet im Gegensatz dazu mit Tropicana- Vibes auf, die an die schwedischen Legenden von „The Knife“ und Pina Colada erinnern und mit Lila Sovia als Feature den Rap-Kontext der EP unterstreichen. Man kann sich vorstellen, im Sommer die Fenster runterzukurbeln und die Beats von „Surf meine Feelings“ auf die Landstraßen klatschen zu lassen. Die Ballade der EP heißt „Vanilla Kiss“, und wirkt wie eine unschuldige Version von Drakes „Hotline Bling“, die dabei genauso zuckersüß wie die gleichnamige und ikonische 90s-Deo-Duftsorte daherkommt.

Die erste Single-Auskopplung „Cramps“ dagegen ist eine Kampfansage, die – der Name lässt es erahnen – das Zeug zur erstklassigen Menstru-Hymne hat. „Ich hab Cramps Cramps Cramps Cramps Cramps, Ich hab Blut in meinen Underpants“ statet Schalko darin unbeeindruckt. Und erklärt uns weiter: „Ich kann Alles, Alles was du kannst, während mein Unterleib meinen ganzen Körper verkrampft. Ich kann Alles, Alles was du kannst, nebenbei blute ich noch ein paar Liter entspannt.“ Der Vibe des Stücks erinnert an „Hollaback Girl“, nur dass es Menstruationsprodukte regnet, während eine Armada von Menstruierenden zum Beat marschiert.

Gigolo Tears ist spätestens seit dem Release des Debütalbums „Kill Your Darlings“ 2021 ein bekannter House-hold-Name, wenn es um queerfeministischen Pop geht, der nicht nur unter die Haut, sondern auch in die Tiefe geht. Mit „Crybaby“ wird nun das nächste Kapitel aufgeschlagen und der „Gigolo Tears“ zur Pop-Praxis: Flirty- verletzlich übersetzt die EP das innere Crybaby in Musik. „Ich heule jeden Tag“, ist praktisch das Motto von Chris Schalko, welche_r hinter dem Projekt „Gigolo Tears“ steckt. Tränen dürfen hier mal casual, mal episch sein – und nebenbei einen ordentlichen Glamourfaktor haben.

In die „Crybaby“-Welt abzutauchen fühlt sich ein bisschen an als ob sich Gwen Stefani in ein „Alice im Wunderland“-Bilderbuch geschummelt hätte – um von einer Welt zu erzählen, in der man genau so sein darf, wie man ist. Und das wünschen wir uns am Ende doch alle, oder?

Die EP „Crybaby“ erscheint am 08.09.2023 bei Audiolith.

TRACKLIST
1 Crybaby
2 Ich heul jeden Tag (Interlude)
3 Surf meine Feelings
4 Vanilla Kiss
5 Cramps
6 Dynamit

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